Noch vor wenigen Monaten hatten Anleger das Problem, dass die Kurse von so ziemlich allen Werten zu hoch waren. Viele hatten Angst zu einem solchen Zeitpunkt einzusteigen. Jetzt, nachdem der Gesamtmarkt ordentlich korrigiert hat fragen sich viele, ob es noch weiter nach unten geht, oder ob jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Einstieg ist? Wann sollte denn Kapital angelegt werden? Kaufen, wenn der Preis niedrig ist und verkaufen, wenn er hoch ist. Die Spanne dazwischen ist der Gewinn. So leicht ist das. Zumindest in der Theorie. In der Praxis ist das leider nicht so einfach.
Im echten Leben kann natürlich niemand wissen wann der ideale Einstiegszeitpunkt ist. Sind die Kurse jetzt weit genug gefallen, oder sinkt der Preis weiter wie ein Stein im Wasser? Wer schon etwas Erfahrung an der Börse gesammelt hat weiß, dass es nahezu unmöglich ist, den richtigen Zeitpunkt gleich zweimal zu finden. Einmal für den Ein- und dann nocheinmal für den Ausstieg.
Die richtige Frage ist daher nicht WANN gehandelt werden sollte, sondern WIE. Hier spielt die persönliche Situation eine große Rolle. Die elementaren Fragen sind wie lange auf das Geld „verzichtet“ werden kann und wie risikoreich die Anlage sein darf. Die Zeit ist in Fragen der Anlagestrategie einer der wichtigsten Punkte. Es ist schließlich ein deutlicher Unterschied, ob ich mein Geld beispielsweise in den nächsten Monaten wieder brauche, oder ob ich es die nächsten 15 Jahre unangetastet liegen lassen kann. Um diese Frage beantworten zu können sollte auch klar sein, ob es sich um kurzfristige Spekulation, mittelfristiges parken des Geldes oder um langfristige Pensionsvorsorge handelt.
An dieser Stelle erwähnen viele, dass bei langfristigen Investments der Einstiegszeitpunkt egal sei, da auf Dauer sowieso die Kurse immer nach oben gehen. Das stimmt aber nur bedingt. Bei vielen Aktien oder Indizies trifft das zwar zu, aber es gibt auch Ausnahmen. Zur besseren Veranschaulichung, hier zwei langfristige Charts:
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass beim Dow der Einstiegszeitpunkt relativ unwichtig gewesen wäre. Anders sieht es beim Eurostoxx aus. Im ungünstigsten Fall wäre bis heute die Position fett im minus. Was also tun, wenn nicht einmal bei langfristigen Anlagen eine Wertsteigerung sicher ist (so sicher es nun mal an der Börse sein kann)?
Die erste Antwort ist: Risikostreuung, auch als Diversifikation bekannt. Sie ist immer noch oberstes Prinzip bei allen Investments. Nicht alle Eier in einen Korb legen, nicht alles auf eine Zahl setzen. So oder so ähnlich kommt einem diese Weisheit sicher bekannt vor. Und es steckt viel Wahres in ihr. Kein Anlageprodukt ist vor einem Kursrutsch sicher, aber mit mehreren verschiedenen Werten kann ich mich gegen den Verfall von nur einem Wert absichern. Wer auch unterschiedliche Assetklassen oder Branchen berücksichtigt, baut zusätzliche Sicherheit in sein Depot ein.
Die zweite Antwort ist: in mehreren Tranchen kaufen, den Cost-Average-Effekt nutzen oder einen Sparplan anlegen. Wo steht denn, dass ein beliebiger Betrag an einem Tag veranlagt werden muss? Je nach persönlichen Ziel und Höhe des Betrags kann der Kauf auf mehrere Zeitpunkte verteilt werden. Das kann sich über Tage, Wochen oder Monate erstrecken. Vielleicht sogar Jahre bei Investments, die auf viele Jahrzehnte ausgelegt sind.
Diese beiden Regeln lassen sich übrigens immer anwenden, ob die Kurse nun auf einem All-time-high sind, oder ob wir uns im Crashmodus befinden. Egal wie die persönlichen Ziele für eine Investition in Wertpapiere auch immer aussehen, es sollte damit begonnen werden. Ist es Zeit zum investieren? Ja! Jede Reise, ob nah oder fern beginnt mit dem ersten Schritt. Wer den nicht wagt, bleibt immer daheim, kommt nie vom Fleck und kann anderen beim Reisen nur zuschauen.
Charts-Bildquelle: Google Finanzen
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