Wien Energie und die Stromfutures

Am 26.08.2022 wurde bekannt, dass Wien Energie Ihren eingegangenen Verpflichtungen an der Strombörse nicht mehr nachkommen kann. Das Unternehmen hat die Politik um Hilfe gebeten. Und die kam auch: Nach einem Krisengipfel am 28.8. im Bundeskanzleramt kamen von der Stadt Wien 700 Mio. Euro und in der gleichen Woche stand fest, dass bei Bedarf 2 Mrd. Euro vom Bund abgerufen werden können. Eine erste Unterstützung, von der niemand wusste, gab es bereits vom Wiener Bürgermeister am 15.7. in einer Höhe von 700 Mio Euro. Insgesamt ein Hilfspaket über 3,4 Mrd. Euro. Wie kann es zu so einer Situation kommen?

Strom wird mit Futures an Terminbörsen gehandelt. Damit lassen sich zukünftige Geschäfte abschließen, Preise fixieren und für Unternehmen Planungssicherheit herstellen. Wichtig dabei ist die Einhaltung der eigenen Handelsregeln, da die Futures auch für Spekulationen genutzt werden können und sich durch die Hebelwirkung, die dieses Produkt beinhaltet schnell viel Geld bewegen und dadurch auch verlieren lässt.

Im Jahr 2021 wurde an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig, der führenden Strombörse in Europa, ein Gesamtvolumen in der Höhe von 7.406 TWh gehandelt. Die nächste Grafik zeigt am Beispiel eines langfristigen Futures im Zeitraum von 21.07.-02.09.2022 den extremen Preisausschlag vom 26.8. mit einem Spitzenpreis von € 1.015.

2022 09 04 Chart Stromfuture

Wien Energie bestreitet Risikogeschäfte eingegangen zu sein und gibt an von einem Spekulationsverbot zu unterliegen. Sie hätten im Sinne einer zuverlässigen Energieversorgung gehandelt und machen massive Marktverwerfungen für die Situation verantwortlich.

Tatsächlich ist die derzeitige Strompreissituation außergewöhnlich. Momentan kommen zu dieser angespannten Lage auch noch andere belastende Faktoren hinzu. Die Stromproduktion in Österreich und Europa sinkt generell durch die Atomstromreduktion von Deutschland und Frankreich. Auch die häufigere Trockenheit sorgt für einen internationalen Rückgang der Stromernte durch Wasserkraft. So hat in Österreich der Verbund, als größter Produzent durch die Donaukraftwerke, heuer etwa 10 % weniger Ertrag durch seine Wasserkraftwerke, was wiederum höhere Importe und mehr Produktion durch Gaskraftwerke nach sich zieht. Da der Gaspreis ebenfalls in lichte Höhen klettert, zieht das auch den Strompreis nach oben.
Die folgenden Grafiken zeigen die langfristige Entwicklung des österr. Strompreisindex seit 2004 und die Bruttostromerzeugung in Österreich 2021.

Strom als wichtiges Infrastrukturgut muss besser vor solchen Situationen geschützt werden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ein Nichtfunktionieren des Strommarktes eingestanden. Deutschland hat bereits einen Schutzschirm für Energieunternehmen beschlossen, während ähnliches in Österreich noch fehlt. Den entstandenen Imageschaden für Wien Energie, die gesamte Branche und die Terminmärkte wieder gut zu machen ist eine wichtige Aufgabe, noch wichtiger wird es allerdings Regulierungen zu schaffen, um nicht nur die Versorgungssicherheit weiter zu gewährleisten, sondern auch für Leistbarkeit und Preisstabilität im Sinne der Verbraucher zu sorgen.

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