Es ist schon eine Weile her, dass wir uns Semperit genauer angeschaut haben – genauer gesagt am 22. April 2023 im Blog und auf YouTube. Damals ging’s um Historie, Standorte und ein eher durchwachsenes Zahlenwerk. Seitdem ist einiges passiert, und es wird höchste Zeit für ein Update! Heute werfen wir einen frischen Blick auf das Unternehmen: Zuerst schauen wir uns die Fundamentaldaten an, dann die Charttechnik und natürlich auch die Dividendenentwicklung. Zum Schluss gibt’s meine persönliche Meinung, wie spannend Semperit aktuell ist – oder eben nicht. Also, Kaffee holen und los geht’s!
Fundamentale Analyse
Das erste Halbjahr 2025 lief für Semperit durchwachsen. Der Umsatz sank um 7,2 % auf 320,5 Mio. €, während das EBITDA mit 30,7 Mio. € sogar um 35,2 % einbrach. Auch das EBIT schrumpfte deutlich auf nur noch 2,6 Mio. €, was einer EBIT-Marge von 0,8 % entspricht (Vorjahr: 6,9 %). Unter dem Strich stand ein Verlust von 11,2 Mio. € – vor allem bedingt durch schwache Nachfrage im ersten Quartal, Projektverschiebungen im Bereich Fördergurte und LSR-Werkzeugbau sowie negative Währungseffekte aus dem schwachen US-Dollar.
Positiv zu vermerken: Ab März zog die Auftragslage spürbar an, und das zweite Quartal brachte eine deutliche Ergebnisverbesserung gegenüber Q1. Zudem ist die Bilanzstruktur weiterhin solide: Eigenkapitalquote 46 %, liquide Mittel 113 Mio. €, Verschuldung moderat bei 1,7x EBITDA.
Dividendenfans mussten sich mit einer Ausschüttung von 0,50 € je Aktie begnügen (April 2025). Investitionen wurden reduziert (18,5 Mio. €, –51 %). Gleichzeitig läuft mit „oneERP“ ein großes Digitalisierungsprojekt, dessen Kosten von 2,2 Mio. € im ersten Halbjahr 2025 belasteten.
Zusätzlich gab es Wertminderungen von 3,3 Mio. € im LSR-Bereich und höhere Energiepreise in Europa, die auf die Margen drückten. Auf der anderen Seite sorgt ein guter Auftragsbestand sowie Kostensenkungen für Hoffnung, dass H2/2025 wieder besser wird.
Wenn man die letzten fünf Jahre betrachtet, könnte man meinen, Semperit fährt Achterbahn. 2020 noch mit über 931 Mio. € Umsatz und Mega-Gewinnen unterwegs, folgte 2021 der Absturz – und das nicht nur leicht: Der Gewinn rauschte nach Rekordzahlen in den Keller. 2022 brachte kurz Hoffnung (+29 % Umsatz!), doch 2023 war wieder alles rot, bevor 2024 zumindest ein kleines Plus in der Bilanz stand.
Die EBIT-Entwicklung erzählt eine ähnliche Story: mal dreistellige Millionenbeträge, mal nur ein Bruchteil davon. Einmaleffekte, Abschreibungen und Projektkosten haben das Zahlenwerk kräftig durchgeschüttelt. Besonders spannend: 2022 gab’s noch nette Sondergewinne aus Verkäufen, aber 2023/24 schlugen auch negative Sondereffekte kräftig zu Buche.
Und die Dividendenpolitik? Lange Zeit solide 1,50 € je Aktie, dann 2024 die radikale Kürzung auf 0,50 €. Das war ein klares Zeichen: Liquidität sichern statt großzügig ausschütten. Für Dividendenjäger also eher ein Dämpfer.
Das H1/2025-Ergebnis wirkt vor diesem Hintergrund wie ein Spiegel der letzten Jahre: volatil, schwach gestartet, mit vorsichtiger Erholung. Immerhin zeigt der Auftragseingang jetzt wieder nach oben. Semperit hat Substanz, starke Marktpositionen und eine solide Bilanz – aber nachhaltiges, organisches Wachstum ist nach wie vor der große Knackpunkt.
Ein paar Wörter zum Aktienchart
Semperit hat seit 2020 ordentlich Federn gelassen: Von knapp 40 € im April 2021 ging’s kontinuierlich runter – aktuell bei rund 13 €. Das sind satte –68 % ungefähr. Der Trend ist klar: kein sanfter Hügel, sondern eher ein steiler Abstieg mit freundlicher Stabilisierung die letzten eineinhalb Jahre.
In den vergangenen 12 Monaten pendelte der Kurs in einer Range von etwa 4 Euro. Der Tiefpunkt lag bei rund 11 € im Oktober 2024, das Hoch bei knapp 15 € im März 2025– aktuell (03.09.2025) liegt die Aktie bei circa 13,10 €, also etwa 13 % unter dem 52‑Wochen-Hoch und gut 19 % über dem Tief.
Unterstützungen befinden sich im Bereich von ca. 12,50 und 11,20 €, während 14,30 und 15,30 € klare Widerstände sind.
Der RSI (14) liegt bei rund 48, was auf einen neutral-eher stabilen Zustand hinweist – keine Überkauft- oder Überverkauftzone. Die Stochastik ist mit 32 ebenfalls im neutralen Bereich. Insgesamt ist die technische Stimmung damit weder euphorisch noch panisch. Das Chartbild spricht eher von einer Seitwärts‑Konsolidierung.
Analystenschätzungen & Kursabstand
Der durchschnittliche Kurszielbereich liegt bei rund 16,– bis 19 €. Das bedeutet ein Aufwärtspotenzial von etwa 22–45 % gegenüber dem aktuellen Kurs – aber wer gibt schon was auf das, was Analysten sagen…?
Dividenden
Von der Hochdividende zum Sparkurs: Semperit war bis 2023 ein echter Liebling der Dividendenfans. Drei Jahre in Folge gab’s satte 1,50 € je Aktie, zeitweise entsprach das über 11 % Dividendenrendite – ein Traum für Einkommensinvestoren. Doch 2024 kam die kalte Dusche: Nur noch 0,50 € pro Aktie, ein Minus von zwei Drittel. Damit hat sich die Dividendenrendite deutlich reduziert und liegt aktuell bei (immer noch guten) 3,8 %.
Der Grund für die Reduktion ist einfach: Gewinn und Cashflow standen massiv unter Druck. Analysten erwarten für 2025 sogar nur noch 0,35 € pro Aktie.
Semperit hat sich vom Status Dividendenliebling mit der Kürzung verabschiedet. Wer ein sicheres Dividendenpapier sucht, wird hier wohl enttäuscht. Für Kurschancen ist noch Luft nach oben, aber bei der Ausschüttung heißt es erstmal: Nicht zuviel erwarten.
Meine persönliche Einschätzung
Semperit ist für mich aktuell kein Kauf. Klar, das Unternehmen ist solide, gut aufgestellt und wird es auch in Zukunft geben – keine Frage. Die breite Aufstellung in verschiedenen Industrie- und Nischenmärkten, ein stabiles Eigenkapital und weltweite Produktionsstandorte sind definitiv Pluspunkte. Aber wenn ich ehrlich bin: Das Chartbild macht keinen Spaß. Seit Jahren geht’s eher seitwärts oder bergab, und selbst die jüngste Erholung ändert daran nicht viel. Für einen langfristigen Einstieg fehlt mir hier die Dynamik.
Mein Fokus liegt stark auf Dividendenwachstum – und genau da läuft es bei Semperit momentan nicht rund. Statt steigender Ausschüttungen gab’s zuletzt eine deutliche Kürzung von 1,50 € auf 0,50 € und es könnte noch weiter nach unten gehen. Das zeigt, wie stark die Dividendenpolitik von kurzfristigen Ergebnissen abhängt. Für Einkommensinvestoren wie mich ist das ein Warnsignal: Ich setze lieber auf Unternehmen, die ihre Dividende Jahr für Jahr erhöhen können und damit mehr Stabilität ausstrahlen.
Semperit ist kein schlechtes Unternehmen – aber es passt nicht zu meiner Strategie. Wer antizyklisch denkt und auf eine Trendwende setzt, könnte hier Potenzial sehen, vor allem mit Blick auf Analystenziele. Für mich heißt es: Weiter beobachten, aber das Kapital woanders arbeiten lassen.
Haftungsausschluss: Das ist keine Anlageberatung und keine Aufforderung zum Handeln. Jeder ist für seine eigenen Orders verantwortlich.
Transparenzhinweis: Der Autor ist zum Zeitpunkt dieses Beitrages nicht in das Unternehmen investiert.
Datenquellen: Semperit Geschäftsbericht 1. Halbjahr 2025. boerse.de, Tradingview, InvestingPRO
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